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Oct 16, 2018

„Ein Anker ist eine Einrichtung, mit der ein Wasserfahrzeug auf Grund festgemacht wird, um nicht durch Wind, Strömung, Wellen oder andere Einflüsse abgetrieben zu werden. Der Vorgang wird ankern genannt.“ – das sagt Wikipedia.

Wie ich in einer Verhandlung ankere und wozu ich das überhaupt mache– das erfährst Du heute bei „besser verhandeln“ dem PRM Podcast mit mir – Andreas Schrader

Herzlich Willkommen beim PRM Podcast „Besser verhandeln“ – ich bin Andreas Schrader und wenn ich nicht gerade Unternehmern und ausgewählten Einzelpersonen dabei helfe, besser in Verhandlungen abzuschneiden, dann gebe ich Dir in diesem Podcast Tipps, durch die Du in Zukunft besser verhandeln kannst. Wenn Du zum ersten Mal dabei bist und es Dir gefällt, dann höre Dir auch die anderen Folgen an und abonniere diesen Podcast, wo auch immer du ihn dir anhörst.

Ankern ist eine Form des Priming Effekts und dieser findet seinen Ursprung in der Psychologie. Priming steht für die Beeinflussung unseres Denkens. Ich finde das extrem spannend, denn neben der Tatsache, dass man sowohl positiv als auch negativ beeinflusst werden kann, hat man auch die Möglichkeit sich selbst zu „primen“. Jage das ruhig mal durch die Suchmaschine deines Vertrauens – da wirst du sehr viele spannende Informationen zu erhalten.

Auch in Verhandlungen kommen Anker sehr häufig vor – sie sind sogar ein taktisches Mittel, zu dem ich rate – immer. Im Rahmen deiner Vorbereitung solltest Du daher immer auch einen Anker mit einbauen. Das ist soweit nicht neu – wenn du jedoch einen weiteren Anker vorbereitest, dann wird es schon etwas interessanter und selbst für gut geschulte und oder erfahrene Gegenüber kompliziert.

Sowohl das „Wann“ und „Wie“ werden gleich noch geklärt – starten werde ich jedoch mit dem eigentlichen Aufbau:

Stelle Dir mal einen Anker vor – so ein richtig schweres Ding aus Eisen, dass vorne an einem Schiff hängt. Kleine Klugscheißerei am Rande – das Bild, das Du jetzt vor Augen hast ist ein Stockanker oder auch Admiralitätsanker genannt. Dieser Besteht aus 3 Teilen – dem Stock, dem Schaft und den Armen. Ein Anker für eine Verhandlung besteht ebenfalls aus 3 Teilen. Einer rationalen Begründung – einer irrationalen Forderung sowie dem Ausdruck der Freude.

Der erste Anker wird ca. 24-36 Std. vor dem Verhandlungstermin und in der Regel per Email „fallen gelassen“ – um im korrekten maritimen Sprachgebrauch zu bleiben.

Ein, schon fast klassischer Anker könnte wie folgt lauten:

 

Sehr geehrter Herr Verhandlungspartner,

damit wir unsere Zusammenarbeit auch langfristig ausbauen können, empfinden wir eine positive Steigerung der Beratungspauschale von 35% als angemessen.

Wir freuen uns auf unsere baldige Zusammenkunft und die daraus resultierende langfristige Fortführung unserer Zusammenarbeit.

MFG

Hier sind alle 3 Teile eingearbeitet

die rationale Begründung – damit wir unsere Zusammenarbeit langfristig ausbauen

die irrationale Forderung – 35% Steigerung der Beratungspauschale

Freude – freuen uns auf baldige Zusammenkunft und resultierende langfristige Zusammenarbeit.

 

Wie gesagt empfehle ich diesen Anker zwischen 24 und 36 Stunden vor der eigentlichen Verhandlung zu platzieren. Je nach Situation, kannst Du diesen Zeitpunkt auch anpassen – beachte dabei, dass die Gegenseite genug Zeit zur Wahrnehmung hat, jedoch zu wenig, um eine geeignete Antwort auf den Anker vor der Verhandlung zu übermitteln.

Was bewirkt nun dieser Anker? Nun – versetze dich doch mal in die Lage, dass Du eine solche Mail erhältst – Einen Tag vor dem Zusammentreffen. In der Regel wird dir sowas wie „Der spinnt doch“ oder „das können die unmöglich ernst meinen“ bis hin zu: „unter diesen Umständen werde ich nicht mit denen verhandeln“ durch den Kopf gehen. Und genau das, ist auch eins der Ziele – du fokussierst Dich ausschließlich auf die Gefahr bzw. den Anker – hier die 35% Steigerung – denn dieser Fall darf auf nicht eintreten. Also wird erstmal alles andere vernachlässigt.

Ein weiteres Ziel wird nach dem Einstieg deutlich – denn diesen gestaltest Du ja so, dass Du nochmal allen für die professionelle Vorgehensweise dankst und ihr, damit keine Zeit verschwendet wird, direkt mit Punkt 1 der Agenda beginnen könnt. Dieser Punkt beinhaltet nicht unbedingt die Steigerung der Konditionen. Da Du ja deinen Gegenüber nach erfolgter Einleitung der Agenda sprechen lässt, wird es da schon spannend – und zwar aus folgenden Gründen: Dein Gegenüber wird ungeduldig, möchte die Gefahr beseitigen und hat evtl. seine Emotionen nicht im Griff – außerdem könnte er gelernt haben, dass unangenehme Dinge immer sofort angesprochen werden. Gerade in dieser Situation ist es enorm wichtig, dass Du mitschreibst – denn Zugeständnisse und Festlegungen, die an dieser Stelle kapitale Fehler darstellen, könnten von der Gegenseite durchaus gemacht werden. Verweise in dieser Situation auf die Agenda und bringe deine Punkte bzw. deine Forderungen ein. Entweder kommt es zum Stillstand, oder es geht nach deinen Vorstellungen weiter. Beides gut, weil beides eingeplant ist.

Wenn denn das Thema, das dem Anker zuzuordnen ist an der Reihe ist, dann lass deinen Gegenüber den Anker wiederholen, bevor ihr euch dem weiteren Inhalt widmet. Erfahrungsgemäß ist das einfach und bedarf keiner besonderen Technik, denn die Wiederholung à là „Die Preiserhöhung von 35%, die Sie uns zugeschickt haben ist eine Frechheit“ oder – und das wäre sogar noch schlimmer für deinen Gegenüber „Die Preiserhöhung von 35%, die Sie fordern ist nicht möglich/werden wir nicht akzeptieren“

In diesem Moment greifen weitere Taktiken der Gesprächs- und Verhandlungsführung – und ich möchte nicht abschweifen 😉

Anker Nr. 2 wurde in dem Beispiel erstmal übersprungen, denn es ist so – zumindest aus meiner Sicht, leichter nachvollziehbar. Den 2. Anker platziere ich in der Regel immer im Rahmen der Einleitung in den ersten Agenda Punkt fallen.

Nach dem Smalltalk könnte der Übergang wie folgt gestaltet werden.

Herr XY, ich würde noch sehr gerne weiter mit Ihnen über die Geschehnisse in der Bundesliga sprechen, allerdings halte ich es für sinnvoll, wenn wir uns nun mit dem eigentlichen Grund unseres Treffens befassen. Damit wir hier rasch zu einer partnerschaftlichen Übereinkunft kommen, haben wir uns ja bereits im Vorfeld auf die folgende Agenda geeinigt. Gerade mit Hinblick auf den Ausbau unserer Geschäftsbeziehung halte ich auch die Anpassung des Zahlungsziels auf 180 Tage für ein wertvolles Zeichen, welches wir heute mit Sicherheit gemeinsam setzen können. Nun freue ich mich jedoch erstmal darauf mit Ihnen gemeinsam den Agenda Punkt A, welcher sich ja mit der Integration der Produktpallette ABC befasst, abzustimmen.

 

Klingt erstmal heftig, oder? Das ist es auch – denn Verhandeln ist kein Kindergeburtstag! Was ist also konkret geschehen – ich habe in dem Beispiel den Smalltalk auf eine typisch deutsche Art beendet und das Thema eingeleitet. Hier habe ein weiteres mal über das Ziel „rasch zu einer partnerschaftlichen Übereinkunft“ gesprochen, dann den Ausbau der Geschäftsbeziehung (rationale Begründung) eingebracht – die irrationale Forderung (180 Tage Zahlungsziel – was in diesem Beispiel tatsächlich irrational ist) und schlussendlich meine Freude ausgedrückt, bevor ich wieder zurück auf die Agenda verwiesen habe.

Die Reaktion deines Gegenübers hängt nun stark von der Konstellation ab. Seid ihr in etwa Gleichalt und verhandelt Ihr auf Augenhöhe, dann sind es 6 von 10 Fällen, in denen dein Gegenüber nun innerlich kocht und kurz davor steht zu explodieren.  Sollte dein Gegenüber deutlich Älter (über 5 Jahre) sein, und/oder sich selbst in einer stärkeren Position als Dich wahrnehmen, dann sind es 9 bis 10 Fälle, in denen es nun eskaliert.

Bleibt diese Eskalation aus, dann hast Du entweder a) einen absoluten Profi gegenübersitzen – das ist cool, denn auf Profi Ebene macht Verhandeln erst so richtig Spaß,

oder b) und das wäre schlimm – du hast deine Anker nicht „irrational“ genug – also nicht hoch bzw. schwer genug gestaltet.

Wie dem auch sei – du wirst sehen, dass Du am Ende durch diese Vorgehensweise mehr rausholen wirst, denn Du hast durch deine Anker deine Grenzen zu deinen Gunsten verschoben.

 

Dann fasse ich hier mal schnell zusammen:

Ein Anker besteht aus 3 Teilen: rationale Begründung – irrationale Forderung - Freude

Nutzen eines Ankers:

Stressdosis der Gegenseite erhöhen / Druck aufbauen

Hoch, fast unverschämt einsteigen, um Grenzen zu seinen Gunsten zu verschieben

vom eigentlichen Abzulenken.

 

Auch hier habe ich wieder einen kleinen Bonus zum Ende hin eingebaut: Du kennst nun diese Taktik – und Du kannst Dir sicher sein, dass auch andere diese Taktik nutzen (naja, dass will ich zumindest schwer hoffen!) Was diese „Nutzer“ oft nicht wissen, ist wie sie dann eben genau damit umgehen sollen, wenn sie selbst einen Anker erhalten – Du kennst nun diese Taktik, daher bist Du in der Lage, einen Anker als einen Anker zu identifizieren. Wenn Du also weißt, dass das nur eine Taktik ist, dann kannst Du diese relativieren und für dich nutzen. Antworte mit einer Email, die den Anker zusammenfasst und baue eigene Forderungen ein. Zusammenfassen und Forderungen habe ich bereits in vorherigen Episoden besprochen – höre nochmal rein, wenn Du dir unsicher bist. Allerdings solltest Du eins berücksichtigen – spiele hier kein Email Ping-Pong! Ich bin da eh ein absoluter Gegner von – also höre nach der einen Antwort auf, wenn Du in der Reaktion bist. Du weißt schließlich, wie man auch einen Anker der Gegenseite geschickt für sich nutzen kann.

 

Baue Anker mit in deine Verhandlung ein – und du wirst in Zukunft „Besser verhandeln“

 

Wenn Dir mein Podcast gefällt oder Du jemanden kennst, der das hier hören sollte – dann empfehle mich weiter – und natürlich freue ich mich auch über deine 5 Sterne Bewertung bei iTunes.

 

Bis zum nächsten Mal

 

Das hörst Du wann:

 

01:10 Ankern vs. Priming

01:38 Ankern in Verhandlungen

02:12 Aufbau eines Ankers

02:45 Wann setze ich den Ankern ein

02:54 Beispiel für klassischen Anker

04:12 Was bewirkt ein Anker

04:34 Ziele eines Ankers

04:54 Den Anker am Tisch behandeln

06:17 Wenn der Anker angesprochen wird

07:01 Der 2. Anker

07:13 Wo wird der 2. Anker platziert

07:24 Beispiel 2. Anker in der Verhandlung

08:51 Reaktion auf den Anker

09:26 Die Eskalation

09:58 Zusammenfassung

10:30 Bonus

11:54 Outro

 

 

 Shownotes

 

Andreas-schrader.com

Workshop: Erstklassig verhandeln