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Aug 24, 2021

Die aktuelle Berichterstattung verleitet mich dazu, mich mal wieder mit einer Vertragsverlängerung des FC Bayern zu befassen. Ach Andi – nicht schon wieder Fussball…

Sry – es ist ein gutes, prominentes Beispiel für Gehaltsverhandlungen. Wenn Du lieber andere Beispiele hören magst, dann inspiriere mich und schicke sie mir zu! Und ich versichere Dir, dass diese Episode nur wenig mit Fussball zu tun haben wird.

 

Joshua Kimmich ist ein Vorzeige-Arbeitnehmer. Das weiss er, dass weiss sein Arbeitgeber, der FC Bayern München. Man könnte es als «Bodenständigkeit» auffassen, dass er seine Gehaltsverhandlung selbst führt.

Vor einigen Monaten wurde bekannt, dass sich der 26jährige von seiner Berater-Agentur, die u.a. auch für die Vertrags- bzw. Gehaltsverhandlungen zuständig ist, getrennt hat. "Ich habe für mich entschieden, dass ich noch stärker für meine Werte und meine Ansichten einstehen und meiner Eigenverantwortung gerecht werden will» wird er im April 2021 in diversen Medien zitiert. Lobenswert auf den ersten Blick. Medial ist es ein richtiger Schritt, denn die Berater genießen eher einen negativen Ruf. Die ehemaligen Bosse Kimmichs haben mehrfach von den Spielern gefordert, sich doch gefälligst selbst an den Tisch zu setzen und zu verhandeln. „Haben wir früher ja schließlich auch so gemacht“ oder „euch entgeht da eine riesige Erfahrung, wenn ihr nicht selbst verhandelt“. Naja – was ich von ersterem halte, ist wahrscheinlich offensichtlich. Zweiteres ist zwar inhaltlich richtig – klar dass ich da nicht widerspreche – jedoch auch taktisch klug gewählt. Und das Ziel „die Person, die schlussendlich entscheidet“ an den Tisch zu holen, ist in Falle Kimmich geglückt.

 

Der Vertrag ist verlängert, beide Seiten sind happy. Und wo vor einem knappen Jahr noch versucht wurde, die 20Mio Euro Gehalt bei Manuel Neuer in der Corona-Zeit als nahezu unmenschliche Forderung darzustellen, oder bei Alaba gar als „geldgeil“ dargestellt, so wird eine ähnlich hohe Summe bei Kimmich wohlwollend hingenommen. Corona hin – Geld her. Wohlwollend könnte ich auch sagen, dass es ein schönes Beispiel dafür ist, dass es in Verhandlungen nicht immer krachen muss. Wenn beide Seiten zufrieden gestellt werden können, dann ist das ein gutes, erstrebenswertes Ergebnis. Und diese sind auch ohne Eskalation möglich.  

 

Schauen wir doch mal auf die Verhandlung. Ja, es ist ein Fehler, eine Verhandlung, in die man selbst extrem emotional involviert ist, selbst zu führen. Wenn ich also, so wie es hier der Fall ist, einen Experten für mich verhandeln lassen kann, dann wäre es ratsam, diesen auch zu nutzen. Allerdings kann ich auch gut, sogar SEHR GUT nachvollziehen, dass man sich diesen Spass nicht entgehen lassen möchte. Und aus der Ferne betrachtet behaupte ich einfach mal – es geht in dieser Verhandlung wahrscheinlich weniger Geld, welches zur Existenzsicherung dient, sondern vermutlich eher um eine Summe, die Wertschätzung und Standing innerhalb der Mannschaft ausdrückt.

 

Nur wirst Du dich wahrscheinlich eher in der Situation wiederfinden, in der Du dein Gehalt selbst verhandelst. Und das Thema „Existenzsicherung“ wird für dich wohl etwas näher liegen, als es bei Joshua Kimmich der Fall ist. Einen Berater einzuschalten, der für dich dein Gehalt verhandelt, kam für dich wahrscheinlich noch nicht in Frage, oder? Diese Vorgehensweise ist bisher noch nicht weit verbreitet. Zwar hatte ich als Headhunter einige, für die ich das Gehaltspaket im Vorfeld verhandelt habe. Und die meisten waren für diesen Service sehr dankbar. Gehaltsverhandlungen stehen nur bei den wenigsten hoch im Kurs. Wie ist das bei Dir?

 

Nun, ganz kurz und knapp sind in Gehaltsverhandlungen ein paar Besonderheiten zu beachten.

 

Sprechen wir über ein Job-Interview in dem das Gehalt angesprochen wird oder über eine Gehaltsverhandlung mit deinem Arbeitgeber? In einem Interview direkt das Gehaltspaket zu verhandeln ist nicht empfehlenswert. Ankere und setze den Rahmen für die Gehaltsverhandlung.

 

Der direkte Austausch bzw. die Lösungsfindung beginnt dann, wenn das schriftliche Angebot auf dem Tisch liegt. Und da verhandeln zu den natürlichsten Dingen der Welt gehört, verhandelst Du NATÜRLICH auch das Angebot, welches Dir vorgelegt wird.

 

Die Vorbereitung sollte langfristig sein. Führe Buch über deine Erfolge. Sorge dafür, dass deine Erfolge sichtbar werden. Und zwar bei den Personen, die über dein Gehalt entscheiden.

Wie so oft spielen natürlich auch hier die Ziele eine Rolle: Welches Zielgehalt brauche ich? Welches Gehalt ist angemessen? Was kann ich zudem noch fordern. Gerade bei den Forderungen kannst Du auch deine Kreativität einbringen. Klassiker waren Firmenwagen, Weiterbildungen und Urlaub. Doch da fallen Dir sicher noch mehr ein. Schaue doch auch mal aus Arbeitgeber-Sicht. Was bringt euch beiden einen Mehrwert? Dies ist leicht als Forderung einzubringen.

 

Darüber hinaus sind Alternativen natürlich wichtig. Die gute alte BATNA. Und die BATNA muss kein anderes Job-Angebot sein. Diese Vorgehensweise stelle ich moralisch in Frage und rate eher davon ab. Mit Menschen zu verhandeln, obwohl kein Interesse an der Lösung besteht, ist Zeitverschwendung. Für beide Seiten. Und gerade in der Berufswelt könnte man sich durchaus zweimal begegnen.

Du hast immer Alternativen. Leider sind die meisten BESTEN ALTERNATIVEN nur selten so interessant, wie wir uns sie wünschen. Doch bedenke, dass deine Alternativen dynamisch sind. Also versuche ständig, deine Alternativen zu optimieren. Nebenberufliche Tätigkeiten kannst Du meistens einfach beginnen. Die aktuelle Arbeitszeit reduzieren und deine nebenberufliche Tätigkeit ausbauen wäre eine mögliche Alternative.

 

Trainiere deine Verhandlung, bevor Du sie führst. Es gibt viele Möglichkeiten dies zu tun. Ganz uneigennützig könntest Du mich kontaktieren 😉 Allerdings gibt es viele Möglichkeiten die Gehaltsverhandlung zu trainieren. Wie ist das eine – DAS Du sie trainierst, ist der erste Schritt.

 

Und wenn es dann zum „Showdown“ kommt, kommen wieder die bekannten Taktiken zum Einsatz:

Strike first – Du nennst die erste Zahl! Es ist und bleibt nachgewiesen, dass diese Vorgehensweise den best-möglichen Effekt hat. Alles andere ist ein falscher Glaubenssatz.

 

Vermeide Gehaltsspannen, denn a) wird dein Gegenüber sich an der unteren Zahl orientieren und b) ist diese Vorgehensweise den meisten bekannt – wodurch der Effekt deutlich nachlässt. Ungerade Zahlen hingegen sorgen für andere Schritte. 53.500 wird eher 52000  oder 51000 als Gegenangebot zur Folge haben. 55 hingegen wird meist mit 50 gekontert. Und wichtig für diese Forderung ist die rationale Begründung. Diese sollte auf objektive Standards abzielen.

 

Das Du dem Gegenüber verdeutlichen solltest, welchen Vorteil das Unternehmen durch deine Einstellung oder das neue Gehaltspaket hat, setze ich einfach mal als gegeben voraus. Was zudem noch wichtig ist, hat Philipp Möhring vor kurzem im EQUALATE Sports Podcast eindrucksvoll dargestellt. Im Interview mit Johanna Mühlbeyer – die hast Du hier auch schon hören können, spricht er u.a. auch über seine Jobsuche. Einer der empfehlenswertesten Punkte ist: Mache deutlich, was dein Gegenüber erhält und zeitgleich, was Du von dem Unternehmen erwartest.

 

 

  • Wenn Du emotional involviert bist, lasse lieber andere für dich verhandeln
  • Probier dich aus, wenn Du es Dir leisten kannst
  • Kenne deinen Wert & deine Ziele
  • Positioniere deine Erfolge bewusst im Vorfeld
  • Ankere im Job-Interview – verhandle erst dein Gehalt, wenn ein Angebot schriftlich vorliegt.
  • Schaffe Dir Alternativen
  • Trainiere deine Verhandlungen
  • Strike first - Starte mit der ersten Zahl,
  • nutze ungerade Zahlen und
  • begründe diese rational mit der Brücke zu objektiven Standards.
  • Mache deutlich, was dein Gegenüber davon hat, mit dir zu verlängern bzw. dich einzustellen

 

Und was hast Du davon? Ist doch logisch: Baue mindestens einen dieser Tipps in deine nächste Verhandlung ein, und du wirst mit Sicherheit: BESSER VERHANDELN

 

 

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